Fenster zu!! – eine kurze Einführung in das ‚Harvard Konzept‘

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen im Büro und Ihr Gegenüber verlangt in sehr bestimmten Ton genau das. Sie haben jetzt zwei Möglichkeiten.: Entweder können Sie aufstehen, das Fenster schließen und ihre Ruhe aber wenig frische Lust haben – oder Sie wollen auf frische Luft in Zeiten von Corona auf keinen Fall verzichten. Dann können Sie das Fenster geöffnet lassen und riskieren den unausgesprochenen oder ausgesprochenen lebenslangen Vorwurf ihres Gegenübers, verantwortlich zu sein für Schnupfen, Husten, Heiserkeit. Eine Lösung ist so schlecht wie die andere.

Solche und viele andere Situationen begegnen uns täglich und fordern unsere Fähigkeit heraus, Konflikte zu beenden oder zu eskalieren. Zwei gegensätzliche Positionen stehen sich scheinbar unvereinbar gegenüber.

Was werden Sie tun?

In solch kritischen Momenten sind mir immer wieder Elemente des Harvard Modells[1] hilfreich. Dabei geht es darum, unterschiedliche Positionen auf die jeweils damit verbundenen Interessen zu untersuchen und Probleme sachbezogen und lösungsorientiert zu behandeln. Wertvoll scheint mir dabei, dass der ewige Streit um „den richtigen Weg“ der Bemühung weicht, gegensätzliche Vorstellungen als wichtig und wegweisend zu verstehen.

Dabei folgen Lösungswege nach dem Harvard Konzept einem einfachen aber sehr erfolgreichen Muster, bei dem es gilt vier Prinzipien zu berücksichtigen, die Beziehung zwischen den Verhandlungspartnern zu stabilisieren und eine tragfähige Übereinkunft zu erzielen.

Es geht darum,

  • Verhandlungsergebnisse aufgrund einer vernünftigen Vereinbarung zu erreichen, bei der die Interessen beider Seiten möglichst weitgehend zum Tragen kommen statt auf konfliktträchtige Positionen zu verharren
  • Auf Schuldzuweisungen zu verzichten und stattdessen Verhandlungschancen zu verbessern durch die Trennung von problematischem zum bSachverhalt und Personh. dem Verständnis, dass nicht der Mensch sondern der Sachverhalt schwierig ist. Dieser Perspektivwechsel ermöglicht es den Kontrahenten als Menschen mit besonderen Interessen in einer schwierigen Situation zu sehen, die es zu klären gilt.
  • Nach möglichst vielen Lösungsoptionen zum beiderseitigen Vorteil gemeinsam zu suchen, um die Situation bestenfalls zur Zufriedenheit aller Beteiligten zu klären.
  • Lösungsoptionen mit neutralen Beurteilungskriterien zu betrachten und danach die bestmöglichste Entscheidung zu treffen

Es gilt, Menschen höflich, respektvoll und mit Verständnis zu begegnen, dabei jedoch gleichzeitig in der Sache klar und zielstrebig vorzugehen und möglichst eine WIN-WIN -Lösung anzustreben, um die Beziehung zwischen den Kontrahenten zu stärken.

Von welchen Voraussetzungen geht das Harvard Konzept aus?

Stellen Sie sich vor, es gäbe eine Person A und eine Person B, die sich in einer bestimmten Situation in keiner Weise einigen können. Ihre unterschiedlichen Positionen stehen sich unvereinbar gegenüber! Jede dieser Personen hat ihren mit immer mehr Nachdruck verteidigten Standpunkt (a). Es kommt zu Vorwürfen, Schuldzuweisungen und zunehmendem Zerwürfnis. Eine einvernehmliche Lösung scheint nicht in Sicht, die Arbeitsbeziehung nachhaltig gestört (b). Niemand fragt nach den eigentlichen Interessen, die sich hinter dem jeweiligen Standpunkt verbergen.

Wie hilfreich wäre die Frage: „Was ist Ihnen wichtig?“ Schnell käme die Rede auf die dahinterliegenden Interessen, der Kontrahent würde zum Gesprächspartner und beide könnten umgehend daran gehen, ihre unterschiedlichen Interessen mit vielfältigen Lösungsideen zufrieden zu stellen. Statt durch gegenseitige Vorwürfe die Arbeitsbeziehung zu gefährden, könnte es vielleicht sogar zu einer WIN-WIN Situation kommen.

Genauso ist die Vorgehensweise im Sinne der Regeln des Harvardkonzeptes:

  • Jede Meinungsverschiedenheit, jeder Konflikt wird durch Interessen bestimmt, äußert sich aber in mitunter fest verwurzelten Standpunkten. Diese Interessen gilt es zu erkunden und anzuerkennen.
  • Dadurch wird es möglich, vielfältige Lösungsideen zum beiderseitigen Vorteil zu entwickeln und sie durch neutrale Kriterien auf ihre Durchführbarkeit zu prüfen.
  • Dabei entwickelt sich bei beiden Kontrahenten das Gefühl, vom anderen anerkannt und in seinen Bedürfnissen akzeptiert zu werden. In der Regel führt das zur Stabilisierung vielleicht sogar zur Vertiefung einer grundlegenden Beziehung.

Konfliktgespräche lassen sich in diesem Sinne gut vorbereiten. Das Buch „ Das Harvard- Konzept“ von Fischer, Uri und Patton berichtet von vielen konkreten und oft schwerwiegenden Konflikten, die auf diese Weise gelöst werden konnten. Für den Einsatz im alltäglichen Umfeld, am Arbeitsplatz oder auch in der Vorbereitung von Konfliktgesprächen verwende ich gerne die Blitzvorbereitung in der Anlage an. Sie bietet mir die Gelegenheit, schon im Vorfeld der eigentlichen Verhandlung mögliche Interessen meines Gesprächspartners zu bedenken. Diese Vorbereitung nimmt oft viel Schärfe aus der späteren Begegnung.

Harvard-Konzept
Harvard-Konzept
Harvard-Konzept

Bärbel Rademacher 2021, Bildung & Beratung, www.baerbel-rademacher.de

[1] Das „Harvard -Konzept “ : Sachgerecht verhandeln  (von Roger Fisher, William Ury und Bruce Patton  1985) CampusVerlag Frankfurt beschäftigt sich mit der Möglichkeit durch strategisch strukturierte Verhandlungsführung scheinbar unlösbare Konflikte im Sinne einer WIN-WIN Lösung zu führen..

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